Neodym – ein kritischer Rohstoff für die Energiewende
Die Gewinnung von Windenergie boomt, es werden immer neue und immer größere Windparks gebaut. Das ist auch verständlich, den 200 Windturbinen können bis zu 1100 Megawatt Strom erzeugen, so viel wie etwa 10 Kohlekraftwerksblöcke. Um Klimaziele der Europäische Union zu erreichen, muss der CO2-Ausstoß bis 2030 um mehr als 55 % reduziert werden.
Aus diesem Grund wird momentan viel Geld in den Bau der großen Offshore-Windräder im Meer investiert, Brüssel will bis 2050 die Kapazitäten der Windkraftwerke in eigenen Gewässern verfünfundzwanzigfachen. Auch USA, Japan und China fördern den Bau von Windturbinen. Die Vorteile liegen auf der Hand – die Technologie der Gewinnung von Windenergie ist reif, es gibt auf der hohen See genug Platz und keine Anwohner. Allerdings es gibt auch ein Problem – Magnetmetalle.
Warum ist Neodym wichtig für die Energiewende?
Jede einzelne Turbine einer Windanlage im Meer enthält mehr als drei Tonnen Magnetmetalle, einer der wichtigsten von denen ist Neodym – ein Metall aus der Gruppe der Seltenen Erden. Dieses Metall ist unerlässlich nicht nur für den Bau der Windturbinen, sondern auch wird in modernen, kompakten und zugleich starken Elektromotoren verwendet. In allen Hybrid-PKWs und in fast jedem Elektroauto stecken Hochleistungsdauermagnete. Die kompaktesten und stärksten E-Motoren besten aus einer Legierung aus Neodym, Eisen und Bor. Somit spielt dieses Metall bei den zwei wichtigen Bereichen der Energiewende eine große Rolle und bisher kann man Neodym nicht ohne Qualitätsverlust ersetzen.
Zwar kann man Magnete auch ohne Neodym erzeugen, die Magnetfelder lassen sich auch mit der Hilfe von Kupferdrahtspulen, durch welche Strom geschickt wird, erzeugen, aber diese Lösung ist nicht praktikabel. Die Kupferdrahtspulen sind bei der gleichen Magnetkraft fünfmal größer als Neodym-Alternativen, die darauf basierenden elektrischen Motoren sind zu groß, um sie in Elektroautos einzubauen. Es wird sich negativ auf die Leistung und Reichweite eines E-Autos auswirken. Solche wuchtige E-Motoren eignen sich auch nicht für E-Bikes und Akku-Werkzeuge, wo kompakte aber starke elektrische Motoren verwendet werden. Die bisher besten Alternativen zu Neodym-Eisen-Bohr-Dauermagneten bestehen aus Kobalt und Samarium. Allerdings verfügen sie nur die Hälfte der magnetischen Energiedichte wie Hochleistungsdauermagnete mit Neodym. Alle Versuche genauso leistungsfähige Magnete mit anderen Rohstoffen als Neodym zu entwickeln, sind bisher gescheitert.
Neodym – begrenztes Angebot aus einer Hand
Laut amerikanische Behörde US Geological Survey, wird sich die Nachfrage nach Dauermagneten bis 2029 verdoppeln. Neodymerzt ist an vielen Orten auf der Welt verfügbar. Die größten Neodymvorkommen befinden sich in China, Australien, Kanada und die Vereinigten Staaten, Brasilien, Grönland, Südostasien und Russland. Allerdings nur in China funktioniert die Wertschöpfungskette für Dauermagnetherstellung da Niemand kann die Magnete so billig produzieren wie China. Peking besitzt zwar nur circa 20 Prozent der Neodymvorkommen aber der Marktanteil der chinesischen Förderung liegt bei etwa 97% Prozent.
Neodym ist silbrigweiß glänzend und kommt nie rein in der Natur vor. Komplexe chemische Prozesse sind notwendig um Neodym von anderen Seltenen Erden zu trennen und es in hoher Reinheit herzustellen. Nur China besitzt das Know-how Neodym in industriellen Maßstab zu vertretbaren Kosten herzustellen. Die Minen- und Magnetindustrie wird stark subventioniert und die Umweltstandards sind in China nicht so streng wie in Europa oder USA. Laut Experten, für die Aufbau einer konkurrenzfähigen Industrie werden etwa zehn Jahren benötigt und europäische Magneten werden zudem um ein Vielfaches teurer als Magnete aus dem Reich der Mitte. Die privaten Unternehmen und auch Endkonsumenten sind nicht bereit, einen deutlich höheren Preis zu zahlen, um den Aufbau einer vergleichbaren Magnetindustrie in Europa oder USA zu ermöglichen.
China kontrolliert den Neodym-Markt
Die Gewinnung und Verarbeitung von Neodym liegt fast ausschließlich in der Hand des Reiches der Mitte. Die westliche Welt ist somit China ausgeliefert. China hat schon einmal im Jahr 2009 ihre Marktmacht genutzt und legte mit dem Exportboykott weltweit ganze Branchen lahm. Sollte es zu neuen Spannungen in den Beziehungen zwischen USA und China kommen, kann die Situation sich wiederholen.
Ab 2030 rechnen Experten mit der Entstehung einer Angebotslücke für die wichtigen seltenen Erden in der Höhe von 65 000 Tonnen pro Jahr. Oliver Gutfleisch, Professor für funktionale Materialien an der Technischen Universität Darmstadt betont, dass „ohne ausreichende Versorgung mit Magnetmetallen wird der Klimaschutz viel schwieriger, langwieriger und sehr viel teurer“. Der Westen muss eigene Magnetindustrie aufbauen.
Quellen: Statista 2019, Wirschaftswoche 51/20, Deutsche Rohstoffagentur in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2017.
Bild: Alf van Beem / Pixabay.