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Chat-Bot im Kampf gegen Scam

Chat-Bot im Kampf gegen Nigeria-Connection

Schon wieder eine Erbschaft gemacht. Das ist jetzt schon das dritte Mal in Folge innerhalb weniger Tage. So viele Schicksalsschläge können einem Menschen doch gar nicht widerfahren.

Zeit zum Nachdenken über die angeblich verblichenen (sprichwörtlich weit entfernten) Angehörigen bleibt einem nicht.

 

Dein Hauptgewinn gehört uns, der Nigeria-Connection

Der freundliche Mann aus Nigeria fragt schließlich schon nach dem Geld, mit dem wir unseren "Hauptgewinn" einlösen können. Ja richtig gehört, wir sollen erstmals in Vorleistung treten, um an die millionenschwere Erbschaft heranzukommen. Die Formalitäten der ausländischen Banken sind so komplex, dass wir gar keine andere Wahl hätten. Als die "auserwählten letzten lebenden Angehörigen des Verstorbenen" nehmen wir dafür auch monatelange Wartezeiten auf die Auszahlung unserer Erbschaft in Kauf.

Es würde uns vielleicht besser dabei gehen, wenn der freundliche Mann aus Nigeria sich zwischenzeitlich in uns verliebt hätte. Denn auch auf dem Betätigungsfeld des "Witwentrösters" ist die Nigeria-Connection schließlich aktiv (Vorauszahlungsbetrug, Nigerian-Scam). Einsame Herzen sind schnell gebrochen. Nur wird man die neue große Liebe nie in die Arme schließen können. Die im Sterben liegende Mutter braucht Geld für die Behandlung und das verhindert letztendlich eine Ausreise nach Deutschland.

Wenn der Spamfilter ausgetrickst wird

Wer beschützt uns vor solchen in betrügerischer Absicht handelnden Menschen? Als leichtgläubige und stets hilfsbereite Menschen könnten wir diesen diabolischen Pöan der Betrüger sonst doch nicht so leicht durchschauern.

Klar, da hätte man auch gleich drauf kommen können. Der Spamfilter teilt eingehende Mails in "Gut und Böse" ein. Dummerweise lernen auch die Cyber-Kriminellen (und das muss nicht ausschließlich die Nigeria-Connection sein) schnell dazu. Das plumpe Gewinnversprechen wird mit unseren Lieblingsmarken verknüpft. Fußspuren bezüglich unserer Vorlieben hinterlassen wir im Netz ja genug. Und schon stuft der Spamfilter die Mail unter falschem Namen/falscher Aufmachung als vertrauenswürdig ein. Ikea, Edeka oder der regionale Händler vor Ort würden uns ja nicht anlügen.

Sie sprechen mit einer Maschine: Chatbot kommt zum Einsatz

Die gravierende Sicherheitslücke ist mittlerweile aber dank des neuseeländischen Sicherheitsunternehmens Netsafe geschlossen worden. Diese hat einen Roboter mit künstlicher Intelligenz ins Rennen geschickt, um die Betrüger von ihren Aktivitäten fernzuhalten. In einer Endlosschleife geht das automatisierte und textbasierte Dialogsystem auf die abstrusen Geschichten der Cyber-Kriminellen ein. Es verwickelt sie in ellenlange Gespräche, heuchelt reges Interesse vor und hält die Betrüger von ihrem eigentlichen Ziel, schnellstmöglich an das Geld der Opfer zu kommen, ab.

Keine Chance gegen Roboter mit künstlicher Intelligenz

Damit das Gegenüber nicht Lunte riecht, hat das Chatbot studiert. Individuelles Nutzerverhalten und Online-Profile sind die wirksamste Waffe, um aus einem automatisierten Roboter ein Wesen mit menschlichen Zügen zu machen. Mit jeder Konversation lernen Chatbots auch dazu und können somit ihre wahre Identität verschleiern. Deshalb sind sie schon jetzt neben der Spambekämpfung in vielen Bereichen im Einsatz. Sie tummeln sich auf Supportseiten als interaktiver Ersatz für die altbekannten FAQ oder setzen ohne viel Aufwand individuelle Akzente bei Diensten wie "Quick Replies" oder "Welcome Messages" in großen Unternehmen.

Was tun gegen Nigeria-Connection

Für die Neuseeländer hat die Spambekämpfung mit ihrem Chatbot oberste Priorität. Es ist kinderleicht anzuwenden. Wer unseriöse Angebote per Maile erhält, braucht nichts weiter zu tun als seine Spam- & Scammails an me@rescam.org schicken.

So funktioniert Rescam

Ab diesem Zeitpunkt liest sich der Chatbot in das Thema und ein und übernimmt die Diskussionsführung. Dafür verwendet der Chatbot auch eine eigene E-Mail Adresse (die persönliche Mailadresse wird bei der Konversation also nicht herausgegeben).

Bislang konnte Rescam schon mit über 1000 Betrügern sprechen und sie hinters Licht führen. Lustige Dialoge (teilweise schon über 20 Mails lang) sind schon bereits herausgekommen. Irgendwann wird aber auch der Tag kommen, an dem auch die Betrüger auf Chatbots setzen. Wenn es dann heißt: "Unterhalten sich zwei Roboter..." wird Netsafe aufrüsten müssen.

Bildnachweis: ©bigstockphoto.com